Lebensmomente der Nähe
In einer Welt, in der Nähe zunehmend durch digitale Kommunikation ersetzt wird und echte Begegnung zur Ausnahme geworden ist, suche ich in meiner Fotografie den stillen Moment der Gemeinsamkeit. Nicht laut, nicht inszeniert – sondern intuitiv, achtsam, aus dem Augenblick heraus geboren. Es geht mir darum, das Jetzt zu zeigen, das Unspektakuläre wertzuschätzen, das Verbindende sichtbar zu machen. Eine Form von Dankbarkeit schwingt in jedem Bild mit: für die eigene Gesundheit, für den Reichtum des Augenblicks, für die Fähigkeit, Menschen und Orte mit offenem Herzen wahrzunehmen. Die Pandemie hat uns gelehrt, wie fragil unser soziales Miteinander ist. Körperliche Nähe wich der digitalen Verbindung – und doch entstand genau darin eine neue Sensibilität für das, was wirklich trägt: Empathie, Mitgefühl, Zeit füreinander. Genau an diesem Punkt beginnt meine Fotografie. Sie versteht sich als Brücke zwischen Innenwelt und äußerem Raum, als visuelles Innehalten, als ein „Wir“ im Bild. Meine Aufnahmen entstehen in Momenten der Aufmerksamkeit – oft spontan, aber nie beiläufig. Der bewusste Ausschnitt, die Perspektive, die Bearbeitung sind Ausdruck meines inneren Erlebens. Mit Techniken wie Dunstentfernung, erhöhter Klarheit, HDR-Anmutung sowie Reduktion von Luminanz- und Farbrauschen entstehen Aufnahmen, die manchmal hyperreal wirken – fremd und vertraut zugleich. Sie sollen nicht entfremden, sondern den Blick zurück auf das Hier und Jetzt lenken: auf das, was ist – nicht auf eine idealisierte Vergangenheit oder eine versprochene Zukunft.
Diese Haltung prägt auch mein Engagement für das Kinder- und Jugendhospiz Sternenlichter Göttingen. Zwei meiner Motive – Pferde, die in Herzform zueinanderstehen, und eine Langzeitbelichtung der Düsseldorfer Königsallee, die in eine stille Unendlichkeit führt – habe ich als Bildspende für den Benefizkalender zur Verfügung gestellt. Es sind Fotografien, die von Hoffnung erzählen, von Verbundenheit, vom Gesehenwerden. Die Zusammenarbeit mit dem Göttinger Fotografen Stephan Beuermann sowie der persönliche, herzliche Kontakt mit Nicole Zimmer, Gabriele Pfahlert und Maren Iben aus dem Team des Hospizes haben mich tief bewegt. Dort, wo Menschen auf ihrem letzten Lebensweg begleitet werden, zählt jeder Moment – jeder Blick, jedes Gespräch, jede Geste. Für mich ist es ein Geschenk, meine künstlerische Arbeit mit einer so menschlich geprägten Einrichtung verbinden zu dürfen. Fotografie ist für mich in diesen Kontexten mehr als ein Ausdrucksmedium – sie wird zur stillen Geste der Aufmerksamkeit, zur Form von Nähe, zur Einladung, das Leben und die Menschen wieder wahrzunehmen.